Lexikon

Mystik
Oie Mystik ist das Herz aller Religionen. Aldous Huxley bezeichnet sie als die zentrale Erfahrung der >philosophia perennis<, die allen Weltreligionen gemeinsam ist. Die mystische Erfahrung im Christentum ist die Kommunion mit Gott. Eine ähnliche Entsprechung findet sich im --> Yoga, das auch die Vereinigung mit dem Göttlichen zum Ziel hat. Das Wort >Mystik< (griech. >Geheimlehre<) entstammt der selben Wurzel wie >Mysterium< (griech. >Geheimnis<) und beschreibt im religiösen und weltlichen Zusammenhang das Einswerden des Menschen mit der Schöpfung. »Die individuelle Seele ist unzerbrechlich und unauflöslich und kann weder verbrannt noch ausgetrocknet werden. Sie ist immerwährend, all durchdringend, unwandelbar, unbeweglich und ewiglich die selbe« (Bhagavad Gita). Aber nicht nur Menschen, die sich intensiv mit Religion, -- >Meditation, --> Yoga oder anderen spirituellen Disziplinen beschäftigen, kennen das mystische Erlebnis. Das --> Zentrum für religiöse Erfahrung von Alister Hardy hat herausgefunden, dass sehr viele Menschen wenigstens einmal im Leben ein spontanes Gotteserlebnis oder einen flüchtigen Einblick in die höhere Wirklichkeit hatten.
Mystik ist weniger eine Glaubenslehre als eine Lebenseinstellung und Weltsicht. Das mystische Erlebnis (unio mystica) lässt sich rationell schwer erklären. Es ist eher ein Gefühl, eine Stimmung oder eine Atmosphäre, die einen tief durchdringt. Das Erlebnis des Einsseins mit dem ganzen Kosmos führt zu einem überwältigenden Eindruck von der Wirklichkeit, der sich mit Worten schwer beschreiben lässt.
Doch gerade in der heutigen Zeit stellt sich immer mehr heraus, dass die Vision des Mystikers gar nicht so realitätsfern ist, wie die Rationalisten immer geglaubt hatten. Die Erkenntnisse der modernen Quantenphysik zeigen, dass die Grenze zwischen Physik und Mystik fliessend ist. --> Fritjof Capra und Peter Russell (>Die erwachende Erde<) haben die Parallelen zwischen Physik und Mystik aufgezeigt. Auch der Psychologe --> Lawrence LeShan beschreibt diese Verschmelzung in seinem Buch >CIairvoyant Reality<. Die Trennung in verschiedene Welten oder Realitäten besteht nur in unserem begrenzten Denken, denn »alle Dinge entspringen unserer Vorstellung. Der Geist gibt den Dingen ihre Qualität und ihre Bedeutung« (Sir Arthur Eddington).

Quelle: David Harvey (Hrsg.) “Handbuch Esoterik” Heyne Verlag (siehe “Bücher”)