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3. November 2016
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Aufrufe: 4093
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Luchs-Abschuss: Nationalpark Kalkalpen wendet sich an den Obersten Gerichtshof
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Abweisendes Schadenersatzurteil begünstigt
Wilderei an geschützten Arten
Molln, Wien - Während das Bezirksgericht Steyr eine
strafrechtlich verurteilte Jägerin für einen von ihr gewilderten, streng
geschützten Luchs zu einer Schadenersatzzahlung an den Nationalpark Kalkalpen
verpflichtete, hat das Landesgericht Steyr als Berufungsgericht entschieden,
dass das Schadenersatzbegehren abgewiesen wird. Dieser jüngst ergangene Spruch
sorgte österreichweit für Aufsehen und Unverständnis.
Die illegale Tötung stark gefährdeter und international geschützter Wildtiere
ist kriminell und daher strafbar. Dass dafür keine Ersatzzahlung zu leisten
sei, hat für den Nationalpark Kalkalpen, den WWF Österreich und den
Naturschutzbund eine "fatale Signalwirkung für alle Artenschutz-Projekte in
Österreich", wie die Vertreter der drei Organisationen heute auf einer
gemeinsamen Pressekonferenz in Linz betonten. Mit derartigen Rechtsauslegungen
werde Wilderei zum Kavaliersdelikt erklärt und potentielle Täter geradezu
ermutigt, sich in der heimischen Natur zu "bedienen" und sich so kostspielige
Jagdreisen in ferne Länder zu "ersparen". Der Nationalpark legte daher am 14.
Oktober eine Revision gegen das abweisende Schadenersatzurteil ein und hofft,
dass der OGH der Rechtsansicht des Bezirksgerichtes folgt. "Wer ein stark
bedrohtes und international geschütztes Tier illegal tötet, soll dafür die
Konsequenzen zu tragen haben. Sollte der OGH aber der Rechtsansicht des
Landesgerichtes Steyr folgen, dann ist der Gesetzgeber aufgefordert eine
Rechtsreparatur vorzunehmen. Es kann nicht sein, dass Organisationen, die in
Vollziehung staatlicher und europäischer Normen Wiederansiedelungsprojekte
betreiben, im Falle einer illegalen Entnahme oder Tötung eines Tieres keinen
Schaden geltend machen können", fordert Nationalpark Kalkalpen-Direktor Erich
Mayrhofer.
Nationalparks haben unter anderem die Aufgabe, artengeschützte Tiere zu
schützen und deren Bestand zu sichern. Wiederansiedlungsprojekte wie LUKA –
Luchs in den Kalkalpen – werden von ihnen im Auftrag der Republik Österreich,
der Bundesländer und der Europäischen Union mit hohem Aufwand,
viel ehrenamtlichem Engagement und nicht zuletzt mit Steuer- und
Spendengeldern umgesetzt. "Es widerspricht dem Rechtsempfinden vieler Menschen
in Österreich, dass sie für die illegalen Handlungen aufkommen sollen, die
mühsam errungene Wiederansiedelungserfolge mit einem Schlag zunichte machen",
unterstreicht Josef Limberger, Obmann des Naturschutzbundes Oberösterreich.
"Wenn der Wille des Staates, zum internationalen Artenschutz etwas beitragen
zu wollen, einigermaßen glaubhaft sein soll, müssen solch schwächelnde Gesetze
dringend repariert werden."
Im 19. Jahrhundert ausgerottet, haben sich viele bei uns früher heimische
Arten dank jahrelanger Bemühungen soweit erholt, dass sie nicht mehr
unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Umso schwerer wiege es, wenn Einzelne
eine gerade erst im Aufbau befindliche, fragile Population massiv gefährden.
Erhebliche negative Auswirkungen des Steyrer Abweisungsurteils auf andere
Wiederansiedlungsprojekte in Schutzgebieten, wie beispielsweise die
Habichtskäuze im Wildnisgebiet Dürrenstein oder die Bartgeier in den Hohen
Tauern, sind zu befürchten.
Christian Pichler vom WWF Österreich meint: "Es ist absurd, dass Österreich
als einer der reichsten Staaten der Welt von den Ländern des Südens
bedingungslosen Einsatz gegen die Ausrottung "exotischer" Tierarten wie Tiger
oder Nashörner erwartet, aber Wilderei mitten unter uns gesellschaftlich
geduldet wird. Es wäre wohl das Mindeste, hätte der Grundbesitzer und
Jagdausübungsberechtigte die moralische Größe, den Abschussvertrag mit der
Täterin mit sofortiger Wirkung zu kündigen." Dem Vernehmen nach ist der so
genannte Abschussvertrag zwischen der Täterin und dem Revierinhaber, dem
Baufond der Katholischen Kirche Österreichs, Forstbetrieb Weyer, nach wie vor
aufrecht. Von Minister Andrä Rupprechter fordern die NGOs einen politischen
Fingerzeig gegen derartige Auswüchse der Wilderei und ein deutliches
politisches Bekenntnis für den Erhalt bedrohter Alpentiere, zumal das
Umweltministerium viele Artenschutzprojekte selbst mitfinanziert.
Im Widerspruch zu seinem Ruf ist das "Umweltmusterland Österreich" in Sachen
Artenschutz alles andere als ein Vorzugsschüler: 35 Prozent der heimischen
Tier- und Pflanzenarten sind gemäß EU-Klassifikation in einem "schlechten",
jede zweite Art sogar in einem "unzureichenden" ökologischen Zustand – Tendenz
weiter fallend. Auch Verurteilungen nach dem Artenschutz-Paragraphen 181 StGB
haben in Österreich Seltenheitswert. Neben der Causa Luchs gelangte erst ein
Fall, nämlich 2009 der illegale Abschuss eines Seeadlers, zur Anklage. "Ohne
die Bemühungen engagierter Richter und Staatsanwälte schmälern zu wollen,
fehlt es in den Bereichen Artenschutz, Umweltschutz und
Tierschutz an Know How und Personal", erklärt Pichler vom WWF. "Wir fordern,
dass Sicherheitsorgane, Staatsanwälte und Richter die Möglichkeit zur
Weiterbildung in Sachen Artenschutz erhalten und speziell für Fälle von
illegalen Tötungen bedrohter Tiere geschult werden."
Dem Nationalpark Kalkalpen entstand mit dem Verlust des Tieres aus dem
Programm LUKA ein Schaden in Höhe von mindestens 12.101 Euro. Das sind exakt
die Wiederbeschaffungskosten für einen in freier Wildbahn gefangenen und in
den Nationalpark umgesiedelten Luchs aus der Schweiz. Mit dem Ersuchen um
Kostenerstattung wurde die Nationalpark Kalkalpen GesmbH vom
Straflandesgericht an das ordentliche Zivilgericht verwiesen. Während dem
Begehren des Nationalparks im erstinstanzlichen Zivilverfahren vollinhaltich
stattgegeben wurde, hat das Landesgericht Steyr das Klagsbegehren im
Berufungsverfahren im September 2016 abgewiesen. Gegen dieses Abweisungsurteil
beantragte der Nationalpark nun die vom LG Steyr ausdrücklich für zulässig
erklärte ordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof.
(WWF)
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