Tiere wissen, was ihnen schadet. Doch der Mensch hat mit fortschreitender Zivilisation seine instinktiven Kräfte verloren und damit den Einklang mit der Natur, der ihn gesund erhält.

Dieses Wissen ist jedoch, wie auch die Psychoanalyse und C.G.Jung erkannten, im Unterbewußtsein verborgen und kann aktiviert werden - beispielsweise durch eine Reise der Selbsterkundung und Trance, die in andere Welten führt. Nichts anderes betreiben die Schamanen, deren Heilkunst zu den ältesten Kulturen der Menschheit gehört.

Schamanismus:
der uralte westliche Pfad

Fried Froemer

Lange bevor die Naturwissenschaftler erkannten, daß der riesige Kosmos eine Einheit von Energie, Raum und Zeit ist, war dieses Wissen in den alten Kulturen selbstverständlich. Bevor Charles Darwin erkannte, daß Menschen und Tiere aus der gleichen Entwicklung stammen, behandelten Schamaninnen und Schamanen die Wesen Mensch, Tier und Pflanze gleich.

Gemeinsam ist Schamanismus und Natur-wissenschaften die Verfolgung über Jahrhunderte durch Uneinsichtige, Ignoranten und Dogmatiker. Immer noch meinen Mediziner und andere Naturwissenschaftler, Schamanismus beruhe auf Einbildungen, Trance und getäuschtem Unter-bewußtsein. Das menschliche Bewußtsein kann nicht gespalten werden, aber auf verschiedenen Ebenen wirken, deshalb sind Streifzüge und Schamanenreisen möglich. "In meiner Phanta-sie...." kann es für einen Schamanen nicht geben. Nichts geschieht "phantastisch" oder "im Traum".

Es geht sehr konkret um die Balance von Körper, Geist und Seele und um die Harmonie mit Natur und Kosmos. In Seminaren wundern sich Menschen der westlichen "Industriekultur", daß bei ihnen die uralten Methoden wirken. Am Beispiel des Streß erfahren wir doch, daß unsere Körperfunktionen und unser Verhalten immer noch gleich denen unserer Ahnen sind.

Neben den allgemein bekannten Schamanen-reisen in andere Welten gibt es vielfache Formen. Schamanistisch zu wirken ist vielen Menschen gegeben, gleich welchen Alters oder Geschlechts. Vermutlich waren die ersten Praktiker des Schamanismus weise Frauen.

Spuren sind in Höhlen in Spanien, Frankreich, in Norwegen jenseits des Polarkreises, in Nordamerika, in Sibirien und sogar in Tibet gefunden worden, wobei mindestens seit 20 000 Jahren vergleichbare Praktiken bewiesen sind. Demgegenüber sind die heutigen Formen der Medizin jung, und die Psychologie entstand vor gerade hundert Jahren.

Daß trotz der großen Vielfalt von Kulturen überall auf der Welt, bei unterschiedlichsten Ausgangslagen, die gleichen Strukturen entstanden, müßte Beweis genug für diese natürliche Art der Stärkung des eigenen Immunsystems und Heilungen sein. Umgerechnet sind es über eintausend Generationen, von arktischen bis zum tropischen Regenwald, die gleiche oder ähnliche Praktiken des Heilens und Sehens und des Ratgebens weitergeben. Daß solche Formen als "archaisch" und "primitiv" abgewertet werden - wen stört es? Der Mensch zeigt in seinem Verhalten ebensolche Eigenschaften und auch der Mensch der Neuzeit "funktioniert" nach den uralten Regeln. Die Bewußtseinsquellen und die Sinne sehr vieler Tiere sind uns weit überlegen.

Uns zeichnet ein sehr stark entwickeltes Hirn aus und eine entwickelte Freiseele, die wir auf Schamanenreisen und zum Wittern einsetzen können, genauso wie unsere Schwestern und Brüder, die Tiere. Von unseren menschlichen Sinnen ist der Gesichtssinn am stärksten ausgeprägt. Daher nennen sibirische Schamanen ihre Kunst "Das mächtige Auge".


Die sieben Sinne der Schamanen

Ein uralter Schamanengesang zählt die sieben Sinne auf und ruft sie herbei:

"Der erste für meinen Instinkt,

der zweite für mein Gefühl,

der dritte für das Sehen,

der vierte für mein Hören,

der fünfte für mein Schmecken,

der sechste für das Riechen,

der siebte für das Sprechen."

In der Höhle "Trois Frères" in Lascoux, mit der Radiokarbonmethode auf etwa 14.000 vor unserer Zeitrechnung datiert, ist eindeutig ein Schamane in magischer Tracht mit Hörnern und Trommel abgebildet. Das Bild zeigt eine noch heute geübte Jagdmagie. Sicherlich weit früher wurden aus den "Magiern der Jagd" irgendwann die Schamanen: Ratgeber, Heiler und Seelenführer ihrer Völker. Spiritistische Trance und Ekstasen als Wesenselemente des Schamanismus konnten sich bis in die heutigen Tage hinein, trotz anhaltender Verfolgungen, vor allem bei zurückgedrängten Völkern erhalten, obwohl die uralten Formen für sich nie den Rang einer Religion oder organisierten Weltanschauung bean-spruchten. Eine eindeutige Sicht der Welt vertritt der Schamanismus allerdings.

Jonas tauchte mit seinem "Machttier" Wal in die Unterwelt hinab, Propheten zogen sich auf Dauer zurück, fasteten, stiegen in die Obere Welt hinauf und kündigten dem Volke. Die schamanistischen Wurzeln sind überall feststellbar!


Fried Froemer, früher Vorstandsmitglied von Krankenkassen, Kursleiter in Gesundheitsberatungszentren und als Mentaltrainer tätig, lebt und arbeitet heute in Schweden, wo er sich vornehmlich der Volksmedizin widmet.
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aus
"Trance, Trommel, Totem: So heilt der Schamane"
- Rendezvous mit den Naturkräften
32 Übungen & Experimente
Fried Froemer, Verlag Peter Erd

 

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